Brennstoffzellentechnik
Autor: Kurzweil, Peter
Seit über 10 Jahren beschäftige ich mich beruflich mit Wasserstoff und Brennstoffzellenfahrzeugen. Insofern behaupte ich, mit einem gewissen Expertenblick auf das Buch „Brennstoffzellentechnik“ von Prof. Peter Kurzweil zu schauen.
Eins muss ich leider schon zu Beginn festhalten: das Buch ist komplett veraltet. Natürlich sind die thermodynamischen Formeln noch die gleichen wie im Jahr 2003, als das Buch erschien. Aber dass der Autor Prof. Peter Kurzweil von der Hochschule Amberg-Weiden die 2. Auflage im Jahr 2012 nicht als Gelegenheit genutzt hat, das Buch wenigstens in den wichtigsten Punkten an die rasante (!) Entwicklung der letzten 10 Jahre anzupassen, verstehe ich nicht. Es ist nicht nur so, dass man die Beispiele mittlerweile als veraltet betrachtet, einiges ist mittlerweile auch falsch. Und das ist schlecht für seine Studenten, die das Buch vermutlich als Vorlesungsunterlage nutzen.
Das Buch hat die Gliederung, die man aufgrund des Titel erwartet: Grundlagen, Thermodynamik und Kinetik der Brennstoffzelle, PEM-Brennstoffzellen, AFC, DMFC PAFC, MCFC, SOFC und „Diverses“. Jedes Kapitel erklärt sauber strukturiert die Grundlagen der jeweiligen Technik. Dazu kommen die relevanten Gleichungen und einige – sehr interessante – Beispiele.
Exemplarisch sei das Kapitel über Polymer-Elektrolyt-Brennstoffzellen herausgegriffen: Der Autor erklärt die Grundlagen des Aufbaus die relevante Redox-Reaktion, die typischerweise eingesetzten Materalien wie Nafion und geht dann darauf ein, wie die Brennstoffzelle betrieben werden muss. Wichtig sind auch die Gleichungen, mit denen sich die Stoff- und Wärmeübertragung in der Membran, der Gasdiffusionsschicht und in den Kanälen beschreiben lassen. Ein Thema, das in der Praxis besonders wichtig ist – die Beschichtung der MEAs mit Katalysator – wird ebenfalls erwähnt. Interessant sind sicher auch die Bilder von Fahrzeugen, Space-Shuttles und Brennstoffzellen-Bussen, die Laien einen Eindruck geben, wie Brennstoffzellen verbaut werden. So weit, so gut.
Insgesamt ist das Buch ein netter Überblick und für Laien sicher interessant, um „von allem ein bisschen“ zu lernen. Als Experte mit über 10 Jahren Branchenerfahrung bringt mir das Buch jedoch keine neuen Erkenntnisse. Im Gegenteil: Das Kapitel über Wasserstoffspeicherung – mein persönliches Steckenpferd – ist voller Fehler, veralteter Beispiele und Angaben und unvollständig. Mir ist unklar, weshalb ein Buch über „Brennstoffzellentechnik“ zwingend noch Ausflüge in die Wasserstoffherstellung und –speicherung sowie in die Hybridfahrzeugtechnik benötigt. Das passt nicht zum Thema. Und dass der Autor dann mit Halbwissen agieren muss und beispielsweise schreibt, dass Nanotubes eine Speicherkapazität von 14 gew-% hätten, ist die Konsequenz. Das mag 2002 vielleicht noch der Glaube und die Hoffnung einiger Forscher gewesen sein, aber spätestens seit 2004 weiß man, dass Messfehler die Ursache der Euphorie um dieses Thema in den 1990er Jahren waren. Schade, dass der Autor hier nicht sorgfältiger war (oder sich einfach auf sein Kerngebiet konzentriert hat).
Würde das Buch 10 Euro kosten, könnte ich es guten Gewissens als Einführung und Übersicht empfehlen. Für den Preis würde ich es jedoch sicher nicht noch einmal kaufen. Der Inhalt wird dem Preis von über 50 Euro einfach nicht gerecht.